Internationaler Strafgerichtshof

Internationaler Strafgerichtshof und die Position der USA

3.2. Die USA in der völkerrechtlichen Defensive

Spätestens mit dem Korea-Krieg (wenn nicht schon zuvor mit der Formulierung der Truman-Doktrin, die von manchen Beobachtern als „Declaration of Cold War“ bezeichnet wird)[29] hatte sich die weltpolitische Stellung der USA grundlegend verändert. Die zeitweilige Eintracht zwischen den vier Alliierten Mächten und China war nun endgültig beendet. Die fünf Nationen - China, Frankreich, Großbritannien, Sowjetunion, USA - waren bei Gründung der Vereinten Nationen zu den fünf Vetomächten im UN-Sicherheitsrat geworden. Nun saßen sich dort China und die Sowjetunion auf der einen Seite und die USA, Großbritannien und Frankreich auf der anderen Seite antagonistisch gegenüber. China und die Sowjetunion unterstützten Nordkorea und erhoben gegen die USA den Vorwurf der Aggression.[30]
Während im gemeinsamen Krieg gegen das nationalsozialistische Deutschland keine der genannten Mächte einen Zweifel daran gelassen hatte, dass das internationale Recht auf Seiten der „Alliierten Sache“ („Allied Cause“) und damit auch der USA war, waren die USA nun in die Defensive geraten. Als der ehemalige amerikanische Chefankläger beim IMT, Telford Taylor, zu Beginn des Korea-Krieges forderte, man müsse für die in Korea begangenen Kriegsverbrechen „beide Seiten vor Gericht stellen“,[31] führte dies der US-Regierung wohl erstmals vor Augen, dass ein Internationaler Strafgerichtshof auch ihren eigenen außenpolitischen Handlungsspielraum einschränken könnte.
Von der Gerechtigkeit ihres Vorgehens in Korea war die US-Regierung tief überzeugt: Laut dem Nationalen Sicherheitsrat der USA ginge es in Korea „nicht nur um die Erfüllung oder Zerstörung der Republik, sondern um die Zivilisation als solche“.[32] Gleichwohl waren Legitimität und Legalität des Vorgehens der USA in Korea zwischen den Mitgliedern des UN-Sicherheitsrates stark umstritten.

[29] So etwa: Hook/Spanier, American Foreign Policy since World War II, S.48.

[30] Kunz, Legality of the Security Council Resolutions of June 25 and 27, 1950, AJIL 45 (1951), S.137-142 (138), mit weiteren Nachweisen.

[31] Zitiert nach: Grewe, Rückblick auf Nürnberg, FS Doehring, S.229-249 (247).

[32] Zitiert nach: Hook/Spanier, American Foreign Policy since World War II, S.71.
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