Internationaler Strafgerichtshof

Internationaler Strafgerichtshof und die Position der USA

6.1. Innenpolitischer Konflikt in den USA um den ICC

Die US-amerikanische Politik gegenüber dem Projekt eines internationalen Strafgerichtshofs wurde gegen Ende der 1990er Jahre zu einem innenpolitischen Streitthema.[133]
Die aufgeschlossene Haltung des US-Präsidenten Clinton gegenüber der Errichtung einer internationalen Strafgerichtsbarkeit und das diesbezüglich große Engagement von Außenministerin Albright sind oben bereits dargelegt worden.[134] Den Democrats Clinton und Albright gegenüber standen Verteidigungsminister William S. Cohen von der Partei der Republicans und vor allem der einflussreiche Vorsitzende des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten im US-Senat, der Republikaner Jesse Helms.[135] Helms wurde zum Wortführer einer Kampagne gegen den ICC, deren Maxime er formulierte: „No collaboration, no financial support, no negotiation“.[136] Helms und weite Teile der amerikanischen Republicans argumentierten gegen den ICC vor allem mit Verweis auf die Sicherheitsinteressen der USA und warnten davor, dass der ICC die außenpolitische Handlungsfreiheit der USA kompromittieren würde. So bestand der Sprecher des Verteidigungsministeriums darauf, dass die „legitimen Verteidigungsinteressen“ der USA nicht zum Gegenstand strafrechtlicher Verfolgung werden dürften.[137]
Noch zu Beginn der 1990er Jahre hatte sich der US-Senat im Kontext des zweiten Golfkrieges für die Errichtung eines Internationalen Strafgerichtshofs ausgesprochen.[138] Nun ging der Senat gegen das Projekt ICC in die Offensive und setzte Clinton und Albright unter Druck.[139] Die politischen Prioritäten von Präsident Clinton lagen in der Innen- und besonders der Wirtschaftspolitik, in außenpolitischen Fragen hingegen nahm er – ganz anders etwa als Madeleine Albright – recht häufig Kompromisse mit seinen innenpolitischen Gegnern in Kauf.[140] Clinton stand im Sommer 1998 ohnehin innenpolitisch unter Druck: Ihm drohte zu dieser Zeit ein Amtsenthebungsverfahren.[141] So konnte sich im Ergebnis die Anti-ICC-Haltung von Senator Helms in der amerikanischen Regierungspolitik durchsetzen.[142]
Die Entscheidung der Clinton-Regierung, beim Thema ICC den innenpolitischen Gegnern nachzugeben, fiel erst im Juli 1998, als die Konferenz in Rom bereits kurz vor dem Abschluss stand.[143] Noch zu Beginn der Konferenz waren die politischen Botschaften aus Washington „gemischt“, erst in der letzten Verhandlungswoche wurde die Ablehnung durch die US-Regierung an die Delegation in Rom kommuniziert.[144]

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[133] Hook/Spanier, American Foreign Policy since World War II, S.285-289; Biegi, Die humanitäre Herausforderung, S.125-162.

[134] Siehe oben: V 1.

[135] Biegi, Die humanitäre Herausforderung, S.130.

[136] Zitiert nach Biegi, a.a.O.

[137] Zitiert nach Biegi, a.a.O.

[138] Graefrath, ZStW 1992, S.190-200 (190).

[139] Biegi, Die humanitäre Herausforderung, S.131.

[140] Hook/Spanier, American Foreign Policy since World War II, S.3.

[141] Biegi, Die humanitäre Herausforderung, S.127f und 133.

[142] Biegi, a.a.O., S.134.

[143] Wegdwood, Fiddling in Rome, FA Vol.77 No.6 (November/Dezember 1998), S.20-22 (20).

[144] Ebenda.
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