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5.4. Die Arbeit der ILC
Zu Beginn der 1990er Jahre hatte zunächst die ILC ein Mandat der UN-Vollversammlung zur Ausarbeitung eines internationalen Strafkodexes und zur erörternden Analyse der Möglichkeiten der Errichtung eines Internationalen Strafgerichtshofs.
Am 19. Juli 1991 legte die ILC einen neuen Entwurf eines Strafkodex vor („Draft Code 1991“).[101] Der Entwurf enthielt 12 Straftatbestände. Neben den so genannten „Kernverbrechen“ („core crimes“) Aggression, Völkermord, Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen waren auch internationaler Terrorismus, Drogenhandel und sogar Umweltverbrechen erfasst. In seinem allgemeinen Teil positivierte der Entwurf unter anderem das Prinzip der individuellen Verantwortlichkeit für völkerrechtliche Verbrechen (Art.3 Abs.1) und den Grundsatz nullum crimen, nulla poena sine lege (Art.10).
Im November 1992 erteilte die UN-Vollversammlung der ILC das Mandat zur Ausarbeitung eines Statuts für einen internationalen Strafgerichtshof erteilte.[102] Am 1. September 1994 legte die ILC das Ergebnis ihrer Arbeit vor (Draft Statute 1994).[103] Der neue Statut-Entwurf beinhaltete die genannten vier Kernverbrechen des Völkerstrafrechts sowie eine Auflistung von bereits in völkerrechtlichen Verträgen normierten Verbrechenstatbeständen, zu denen beispielsweise auch Flugzeugentführung und Drogenhandel zählten.
Die Frage der institutionellen Ausgestaltung eines internationalen Strafgerichtshofs wurde lediglich oberflächlich behandelt: Nach dem Statut-Entwurf sollte der ICC auf der Grundlage eines Staatenvertrages entstehen, und nicht, wie der ICTY, durch Beschluss des Sicherheitsrates eingerichtet werden.[104]
[101] ILC Report, 43rd Session, YBILC 1991 II-2, S.94-97, zitiert nach: Ahlbrecht, Geschichte der völkerrechtlichen Strafgerichtsbarkeit, S.212f.
[102] Ahlbrecht, Geschichte der völkerrechtlichen Strafgerichtsbarkeit, S.339.
[103] General Assembly, 49th Session, Supplement No.10, (A/49/19), 1994, abgedruckt in: Bassiouni, The Statute of the International Criminal Court, S.657-676.
[104] Ahlbrecht, a.a.O., S.342.
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