Internationaler Strafgerichtshof

Internationaler Strafgerichtshof und die Position der USA

6.5. Territorialprinzip und aktives Personalprinzip

Gemäß Art. 12 des ICC-Statuts kann der Gerichtshof Ermittlungen aufnehmen, wenn entweder der Heimatstaat des Tatverdächtigen Vertragsstaat des Statuts ist (aktives Personalprinzip) oder der Staat, in dem die Taten verübt wurden, Vertragsstaat ist (Territorialprinzip).
Unter den like-minded States hatte sich ursprünglich eine Mehrheit für eine wesentlich weitere sachliche Zuständigkeit des Gerichtshofs ausgesprochen: Die Zuständigkeit solle zusätzlich dann gegeben sein, wenn der Gewahrsamsstaat des Täters oder der Heimatstaat des Opfers Vertragsstaat des Statuts sind[164]. Von deutscher Seite wurde gar vorgeschlagen, sämtliche Straftatbestände dem Weltrechtsprinzip zu unterstellen, womit es auf die Einwilligung bestimmter Staaten überhaupt nicht mehr angekommen wäre[165].
Die USA lehnten diese Vorschläge für eine erweiterte Zuständigkeit entschieden ab[166]. Aber auch den letztlich beschlossenen Kompromiss – die Normierung des aktiven Personal- und Territorialprinzips - kritisierten die USA noch als zu weit.
Der zentrale Einwand richtet sich gegen die Statuierung des Territorialprinzips. Damit erhalte der ICC, so lautet die Kritik, die Gerichtsgewalt auch über Staatsangehörige von Staaten, die das ICC-Statut nicht ratifiziert haben, womit das ICC-Statut einen „Vertrag zulasten Dritter“ darstelle[167]. So kritisierte die amerikanische Delegation in Rom die Zuständigkeitsvorschrift des Art.12 Nr. 2 a) ICC-Statut (Territorialprinzip) als Verstoß gegen Art.34 des Wiener Abkommens und erklärte, dass damit ein unzulässiger Eingriff in die Souveränität von Nichtvertragsstaaten vorgenommen werde[168]. Stattdessen bestanden die USA darauf, dass die Gerichtsgewalt des ICC stets nur an den Heimatstaat des Tatverdächtigen anknüpfe. Damit solle vorausgesetzt sein, dass nur Tatverdächtige verfolgt werden, deren Heimatstaat das ICC-Statut ratifiziert hat[169].
Vertreter anderer Staaten wiesen die Einwände der USA gegen Art. 12 Nr. 2 a) ICC-Statut als unbegründet zurück. Den USA wurde entgegnet, dass das Territorialprinzip auch im konventionellen Strafrecht weltweit einen anerkannten Anknüpfungspunkt für die Strafverfolgung gegen fremde Staatsangehörige darstelle[170]. Die Vertragsstaaten des ICC hätten aufgrund nationaler Strafvorschriften jeweils das Recht, sämtliche Straftaten auf ihrem Territorium zu verfolgen und es sei ihnen daher ungenommen, dieses Recht zur Strafverfolgung an den ICC zu delegieren. Die betroffenen Straftäter würden dadurch nicht schlechter gestellt als sie ohnehin auch ohne die Existenz des ICC stünden.

[164] Hafner/Boon/Rübesame/Huston, A Response to the American View, EJIL 10 (1999), S.108-123 (116).

[165] Ebenda.

[166] Kaul, 2001, S. 25.

[167] Wedgwood, An American View, EJIL 10 (1999), S.93-107 (99).

[168] Biegi, Die humanitäre Herausforderung, S.136.

[169] Hafner/Boon/Rübesame/Huston, A Response to the American View, EJIL 10 (1999), S.108-123 (116).

[170] Kaul, 2001, S.26; Hafner/Boon/Rübesame/Huston, a.a.O., S.117.
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